Ärzte für Wehr: Hier liegen die Herausforderungen

03.11.2025

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Die ärztliche Versorgung in Wehr steht vor großen Herausforderungen – wie in vielen Regionen des Landkreises Waldshut.

Die drei Bürgermeisterkandidaten haben in ihren Wahlprogrammen Handlungsoptionen vorgestellt, doch eines wird schnell klar: Der Ärztemangel ist tief verwurzelt und lässt sich nicht allein mit kurzfristigen Maßnahmen beheben.

Zu wenig Ärztinnen und Ärzte

Im gesamten Landkreis ist die ärztliche Versorgung dünn gesät. Auf eine Hausärztin oder einen Hausarzt kommen im Durchschnitt 1.721 Einwohner – ein Wert, der nahe an der Schwelle zur Unterversorgung liegt. Besonders im ländlichen Raum, zu dem auch Wehr gehört, ist die Lage angespannt.

Viele der derzeit tätigen Mediziner stehen kurz vor dem Ruhestand. Im Jahr 2025 haben 24 von 28 Ärztinnen und Ärzten, die in den nächsten Jahren ihre Praxis aufgeben wollen, bislang keinen Nachfolger gefunden. Nur ein Viertel der Praxen bildet überhaupt Nachwuchsärzte aus. Die Folge: Sinkende Versorgungskapazitäten, steigende Patientenzahlen und immer längere Wartezeiten.

Zudem bleiben moderne Versorgungsformen wie medizinische Versorgungszentren (MVZ), Telemedizin oder Ärztenetze bisher weitgehend ungenutzt. Nur 15 Prozent der Hausärzte setzen digitale Angebote ein, und die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung liegt mit 31 Prozent deutlich unter dem Landesdurchschnitt von 49 Prozent. Damit fehlen wichtige Bausteine, um die regionale Versorgung langfristig zu sichern.

In Konkurrenz zu anderen Gemeinden

Wehr steht im Wettbewerb mit zahlreichen Nachbargemeinden – und verliert oft gegen größere, infrastrukturell besser angebundene Standorte entlang der Rheinschiene. Städte wie Waldshut oder Bad Säckingen punkten mit besserer medizinischer Vernetzung, attraktiveren Freizeitangeboten und häufig auch besseren beruflichen Perspektiven für mitziehende Familienangehörige.

Junge Ärztinnen und Ärzte zieht es dorthin, wo die Lebensqualität stimmt – und wo sie nicht isoliert in einer Einzelpraxis arbeiten müssen. Gemeinden wie Wehr versuchen zwar gegenzusteuern, doch ohne abgestimmte, gemeindeübergreifende Strategie verpuffen viele dieser Bemühungen.

Schwer genug, den Status quo zu halten

Angesichts der personellen Engpässe ist es schon heute eine Herausforderung, den bestehenden Versorgungsstand aufrechtzuerhalten. In vielen Praxen stoßen die Ärztinnen und Ärzte an ihre Belastungsgrenzen, was wiederum die Attraktivität des Berufs vor Ort weiter mindert.

Neue Versorgungsmodelle, etwa interprofessionelle Gesundheitszentren oder kommunal getragene MVZs, könnten Abhilfe schaffen. Sie ermöglichen geteilte Ressourcen, Teamarbeit und flexiblere Arbeitszeitmodelle – also genau das, was viele junge Mediziner suchen. Doch deren Aufbau erfordert erhebliche Investitionen, administrative Erfahrung und politischen Willen.

Solange diese Voraussetzungen fehlen, bleibt die Realität ernüchternd: Die Kommunen kämpfen darum, das vorhandene System am Laufen zu halten. Verbesserungen sind möglich – aber nur langfristig und mit viel Ausdauer.

Gemeinsam denken

Wehr steht beispielhaft für die Situation vieler kleiner Städte im ländlichen Raum Baden-Württembergs. Der Ärztemangel ist kein plötzliches Problem, sondern das Ergebnis jahrelanger struktureller Entwicklungen. Wer ihn beheben will, braucht mehr als kurzfristige Lösungen – es braucht Vernetzung, neue Arbeitsmodelle und den Mut, medizinische Versorgung gemeinsam zu denken.

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