Basierend auf dem Jahreabschluss 2020, des Finanzzwischenberichts 2024 und der Darlehenssituation, lässt sich eine Anlayse der Finanzlage erstellen.
1. Jahresabschluss 2020:
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Ordentliches Ergebnis: Die Stadt Wehr erzielte 2020 ein positives ordentliches Ergebnis von rund 1,999 Mio. EUR. Dies ist eine deutliche Verbesserung im Vergleich zum geplanten Defizit von 190.000 EUR. Der positive Abschluss war vor allem den Corona-Hilfszahlungen von Bund und Land zu verdanken, darunter:
- Gewerbesteuerkompensationszahlungen in Höhe von 1,47 Mio. EUR.
- Ausgleichszahlungen für entgangene Einnahmen bei Kindergartengebühren und anderen öffentlichen Dienstleistungen, wie der Volkshochschule, in Höhe von 249.000 EUR.
- Schlüsselzuweisungen, die ebenfalls durch staatliche Hilfsprogramme um rund 425.000 EUR erhöht wurden.
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Außerordentliches Ergebnis: Zusätzlich erwirtschaftete die Stadt ein außerordentliches Ergebnis von 626.502 EUR. Diese resultierten größtenteils aus Grundstücksverkäufen und Versicherungsleistungen (z.B. für den Brandschaden am Kindergarten Seeboden).
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Investitionen: 2020 investierte die Stadt 4,02 Mio. EUR, weit weniger als die ursprünglich geplanten 10,9 Mio. EUR. Zu den wichtigsten Investitionsprojekten zählten der Breitbandausbau, der mit 126.000 EUR veranschlagt wurde, sowie der Neubau des Kindergartens Bündtenfeld (674.000 EUR) und die Sanierung der Breitmattstraße (399.000 EUR). Allerdings konnten viele Fördermittel für den Breitbandausbau und die Innenstadt-Sanierung nicht wie erwartet im Jahr 2020 abgerufen werden.
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Schuldenabbau: Trotz der hohen Investitionen und der Herausforderungen durch die Pandemie konnte die Stadt ihre Verschuldung weiter reduzieren. Die städtischen Schulden am Kreditmarkt sanken zum Jahresende 2020 auf 882.367 EUR.
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Zahlungsmittelbestand: Zum Jahresende 2020 verfügte die Stadt über einen bereinigten Zahlungsmittelbestand von 11,49 Mio. EUR, was eine solide Liquidität darstellt. Dies war größtenteils auf den positiven Cashflow von 4,65 Mio. EUR zurückzuführen.
2. Finanzbericht 2024:
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Die finanzielle Lage der Stadt Wehr zeigt sich im Jahr 2024 angespannter. Die Stadt plant, Darlehen in Höhe von insgesamt 3 Mio. EUR aufzunehmen, um laufende Investitionen zu finanzieren, darunter:
- 1,5 Mio. EUR für die Stadt zur Finanzierung von Projekten wie der Sanierung des Kindergartens St. Josef und des Ärztehauses.
- 600.000 EUR für den Eigenbetrieb Energie, Wasser und Bäder, um wichtige Sanierungsarbeiten in der Wasserversorgung und im Freibad durchzuführen.
- 400.000 EUR für den Eigenbetrieb Abwasser zur Finanzierung von Kanal- und Kläranlagen-Sanierungen.
- 500.000 EUR für den Eigenbetrieb Breitband zur Sicherstellung der Finanzierung der Breitband-Infrastruktur, da die Stadt oft in Vorleistung treten muss, bevor Fördermittel von Bund und Land ausgezahlt werden.
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Liquiditätsengpässe: Obwohl die Stadt Wehr zum Zeitpunkt des Berichts über eine Liquidität von rund 8 Mio. EUR verfügt, wird erwartet, dass durch die hohen Auszahlungen in den kommenden Monaten, insbesondere für den Breitbandausbau und die Sanierung von Kindergärten, diese Reserven deutlich abnehmen. Dies macht die geplanten Kreditaufnahmen notwendig.
3. Schuldenmanagement:
- Die Stadt ist in der Lage, kurzfristig auf Zinsschwankungen am Kreditmarkt zu reagieren, um günstige Konditionen zu sichern. Die Verwaltung hat die Erlaubnis erhalten, Darlehen flexibel zu verwalten, um größere Investitionsprojekte durchzuführen, ohne die Liquidität zu gefährden.
- Die bereits genehmigten Darlehensermächtigungen aus den Haushaltsplänen 2023 und 2024 betragen insgesamt 2,5 Mio. EUR für die Stadt. Die anstehenden Ausgaben für große Projekte wie das Ärztehaus und die Kindergartensanierung erfordern jedoch eine Teilnutzung dieser Kreditrahmen, was die Verschuldung in den kommenden Jahren voraussichtlich wieder erhöhen wird.
Fazit:
Die finanzielle Lage der Stadt Wehr ist derzeit stabil, aber angespannt. Die guten Rücklagen und die solide Haushaltsführung in den vergangenen Jahren haben es der Stadt ermöglicht, wichtige Projekte trotz der Corona-Krise durchzuführen. Allerdings erfordern die umfangreichen Investitionen in Infrastruktur, Breitbandausbau und Sanierungen von öffentlichen Gebäuden und Versorgungsanlagen erhebliche Kreditaufnahmen, was die Verschuldung der Stadt in den nächsten Jahren erhöhen wird. Die Zinssituation bleibt ein kritischer Faktor, und die Stadt wird in den nächsten Monaten besonders auf die Entwicklungen auf dem Kreditmarkt achten müssen.