Die Bürgermeisterwahl in Wehr bringt viele Informationen auf den Tisch. Drei Kandidaten treten an, informieren die Bürgerschaft in Veranstaltungen, Gesprächen und Podiumsdiskussionen – und geben so vielfältige Einblicke in ihre Positionen.
Die Wählerinnen und Wähler haben die Möglichkeit, sich fundiert eine Meinung zu bilden – auch wenn sich viele Entscheidungen offenbar bereits verfestigt haben.
Jehles Symbolik der „ausgestreckten Hand“
Kandidat Matthias Jehle, Mitglied im Kreisvorstand der AfD, betont in seinen Redebeiträgen und im Wahlkampf seine Gesprächsbereitschaft. Symbolisch „reicht er die Hand“ – ein Angebot an Bürgerinnen und Bürger, sich mit ihren Sorgen und Anliegen an ihn zu wenden.
Diese Geste zeigt sich auch in der offiziellen Kommunikation: In einem Beitrag des AfD-Kreisverbands Waldshut heißt es, „die Interessen aller Bürger stehen im Mittelpunkt“ und Jehle wolle „für die Menschen da sein“.
Das wirft Fragen auf: Warum wird dieser Aspekt so stark betont?
Handelt es sich um eine tatsächliche Einladung zum Dialog – oder eher um ein rhetorisches Stilmittel, das zur politischen Abgrenzung dient?
Zwischen Problemanalyse und Polarisierung
Jehles Äußerungen wirken häufig problemorientiert. Er verweist auf gesellschaftliche und wirtschaftliche Missstände, greift Sorgen und Ängste auf und formuliert sie als politische Aufgaben. Das kann als Ausdruck von Bürgernähe verstanden werden – ebenso aber als strategische Fokussierung auf Polarisierung.
Der kommunikative Stil der AfD insgesamt ist nicht selten konfrontativ geprägt. Kritik an Medien, Politik und gesellschaftlichen Gruppen wird dabei sinngemäß mit Begriffen wie „Meinungsfreiheit“ oder „Zensur“ verbunden.
Diese Kommunikationsweise zielt eher darauf ab, klare Abgrenzungen zu schaffen und die eigene Anhängerschaft zu mobilisieren.
Vor diesem Hintergrund kann auch Jehles „ausgestreckte Hand“ als rhetorisches Signal verstanden werden: weniger als tatsächliches Angebot zum Dialog, sondern vielmehr als symbolische Geste zur Festigung bereits bestehender Positionen.
Das Dilemma der Einseitigkeit
Wer eine klare politische Haltung vertritt, steht vor der Herausforderung, Offenheit und Abgrenzung auszubalancieren.
Wenn etwa migrationskritische Positionen vertreten werden, kann ein tatsächlicher Austausch mit Menschen, die gegenteilige Auffassungen haben, die eigene Argumentation infrage stellen – oder sie zumindest relativieren.
Für politische Kommunikation bedeutet das: Eine „ausgestreckte Hand“ wirkt nur dann glaubwürdig, wenn sie tatsächlich angenommen werden darf – und zwar unabhängig von der Meinung der anderen Seite. Wird sie jedoch primär als Abgrenzungsinstrument eingesetzt, dient sie der Polarisierung und nicht dem Dialog.
Polarisierung als Strategie
Gezielt werden Situationen und Personen des öffentlichen Lebens genutzt, um Spannungen zu erzeugen und die eigene Position zu schärfen. In öffentlichen Beiträgen und Social-Media-Posts – etwa zu Journalistinnen und Journalisten, politischen Mitbewerbern oder Parteien – finden sich konfrontative Aussagen, die die Gegenseite beispielhaft als parteiisch oder respektlos darstellen.
Diese Kommunikationsweise bringt die Adressierten in ein Dilemma: Wer auf das Angebot der „ausgestreckten Hand“ eingeht, riskiert, sich öffentlich zu kompromittieren oder seine eigene Glaubwürdigkeit zu verlieren. So entsteht ein Mechanismus, der Dialog zwar vorgibt, ihn aber tatsächlich erschwert.
Damit wird die „ausgestreckte Hand“ zu einem politischen Instrument – nicht, um Verständigung zu fördern, sondern um die eigene Anhängerschaft zu festigen und andere symbolisch auszuschließen.
Polarisierung funktioniert hier als strategisches Werkzeug, das Distanz und Zustimmung zugleich erzeugt.
