Mehr Eigenverantwortung im Straßenverkehr?

13.02.2025

Die Stadt Wehr ist manchmal ziemlich unzufrieden mit verkehrsrechtlichen Entscheidungen und in den meisten Fällen von anderen Behörden abhängig. Bei vielen Themen sind Abstimmungsprozesse mit dem Landratsamt Waldshut notwendig. Daher steht nun eine Überlegung im Raum: Die Einrichtung einer eigenen Straßenverkehrsbehörde.

Warum eine eigene Behörde?

Derzeit werden viele verkehrsrechtlichen Maßnahmen in Wehr durch das Landratsamt Waldshut koordiniert. Das bedeutet, dass Anfragen und Anliegen erst eine bürokratische Prüfung durchlaufen müssen, bevor eine Entscheidung getroffen wird. Für eine Stadt, die sich dynamisch entwickeln will, kann das zu Verzögerungen und ineffizienten Prozessen führen.

Die Stadtverwaltung sieht eine eigene Behörde als Chance, um unabhängiger agieren zu können und den Verkehr besser an die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger anzupassen.

Aktuelle Zuständigkeiten der Stadt Wehr: Auch wenn viele verkehrsrechtliche Entscheidungen noch auf Landkreisebene getroffen werden, hat die Stadt Wehr bereits jetzt Befugnisse, wie z.B. die Bewachung des ruhenden Verkehrs.

Vorteile der Eigenständigkeit – aber nur begrenzt

Die größte Veränderung wäre eine effizientere Entscheidungsfindung. Der bürokratische Umweg über das Landratsamt entfiele, wodurch Genehmigungen und Anordnungen schneller umgesetzt werden könnten. Das wäre vor allem für Unternehmen, Veranstalter und Anwohner von Vorteil, die auf zügige Entscheidungen angewiesen sind.

Weitere Vorteile wären:

  • Direkte Anlaufstelle für Bürger: Verkehrliche Anliegen könnten schneller bearbeitet werden, ohne dass Anträge durch mehrere Verwaltungsstufen gehen.

  • Flexibilität in der Verkehrsplanung: Anpassungen an die örtlichen Gegebenheiten könnten kurzfristig getroffen werden, ohne langwierige Abstimmungsverfahren.

  • Bessere Kontrolle über verkehrliche Maßnahmen: Parkverbote, Tempolimits und andere Regelungen könnten gezielter auf die örtlichen Bedürfnisse abgestimmt werden.

  • Wirtschaftliche Vorteile: Einnahmen aus Genehmigungen, Sondernutzungsgebühren oder Verwarngeldern könnten direkt für kommunale Projekte genutzt werden.

Jedoch ist die erhoffte Eigenständigkeit nur teilweise zu erreichen. Zwar könnte Wehr innerhalb des Stadtgebiets mehr Einfluss auf Verkehrsregelungen nehmen, doch übergeordnete Instanzen wie das Regierungspräsidium Freiburg oder das Innenministerium behalten in vielen Fragen weiterhin die Entscheidungsgewalt.

Bestimmte Maßnahmen – etwa größere Infrastrukturprojekte, grundlegende Änderungen an Verkehrswegen oder überregionale Regelungen – müssen auch weiterhin auf höherer Ebene genehmigt werden.

Herausforderungen und Kosten

Natürlich bringt die Einrichtung einer eigenen Behörde auch Herausforderungen mit sich. Dazu gehören insbesondere:

  • Personalkosten: Die Stadt müsste Fachkräfte einstellen, die sich mit Verkehrsrecht, Planung und Verwaltung auskennen.

  • Infrastrukturelle Anforderungen: Büroräume, technische Ausstattung und digitale Verwaltungssoftware müssten bereitgestellt werden.

  • Zusätzliche Bürokratie: Auch wenn Entscheidungswege kürzer werden, bleiben dennoch Abstimmungen mit anderen Behörden notwendig, etwa mit der Polizei oder dem Regierungspräsidium Freiburg.

  • Rechtliche Verantwortung: Die Stadt müsste sicherstellen, dass alle Maßnahmen rechtskonform sind, was eine enge Zusammenarbeit mit Fachjuristen erfordern könnte.

  • Fortbestehende Abhängigkeiten: Bestimmte Genehmigungen und größere Maßnahmen erfordern weiterhin die Zustimmung des Landes oder des Bundes. Die völlige Eigenständigkeit bleibt daher ein unerreichbares Ziel.

Eine lohnende Investition?

Die zentrale Frage bleibt, ob der Nutzen einer eigenen Behörde die Kosten rechtfertigt. Es wäre sinnvoll, eine detaillierte Kosten-Nutzen-Analyse durchzuführen und Erfahrungen anderer Städte mit ähnlichen Strukturen einzuholen.

Klar ist jedoch: Eine eigene Straßenverkehrsbehörde könnte Wehr deutlich mehr Einfluss auf die Verkehrslenkung und -planung geben, allerdings nur innerhalb der durch übergeordnete Vorschriften gesetzten Grenzen.

Die Stadt könnte agiler und effizienter auf lokale Verkehrsprobleme reagieren, doch eine vollständige Unabhängigkeit von Kreis- und Landesbehörden bleibt unrealistisch. Ob und wann dieser Schritt gegangen wird, hängt davon ab, ob sich die Stadt diesen Weg langfristig leisten kann und will.

Mit einem Blick auf die Herausforderungen in den nächsten Haushaltsplanungen käme es vermutlich zu Prioritätsverschiebungen – oder sogar Synergien.