Die Stadtentwicklung in Wehr ist ein zentrales Zukunftsthema. Neben konkreten Maßnahmen – etwa der geplanten Umgestaltung des Talschulplatzes – bietet sich die Möglichkeit, gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern Visionen zu entwickeln und neue Wege zu denken.
Beides ist in den letzten Wochen geschehen: Während sich Gemeinderat, Stadtverwaltung und Servicegemeinschaft auf die funktionalen Aspekte des Talschulplatzes konzentrierten, haben Bürgerinnen und Bürger ihre eigenen Vorstellungen in einer von uns initiierten Umfrage eingebracht.
Der Unterschied könnte größer nicht ausfallen: Während sich die Diskussionen rund um den Talschulplatz stark auf Bedenken, Einschränkungen und technische Details konzentrierten, richtet sich der Blick der Bürgerschaft nach vorne – mit Vorschlägen, Wünschen und Lösungen.
Der Gemeinderat blickt zurück – und ins Kleinklein
Am 1. Juli 2025 stand die Umgestaltung des Talschulplatzes im Mittelpunkt der Gemeinderatssitzung. In zahlreichen Wortmeldungen wurden Herausforderungen und Einwände thematisiert: Die Statik der Tiefgarage, der Platzbedarf von Baumwurzeln, Urheberrechte, Auswirkungen von Streusalz, Fragen zur Finanzierung oder zu Planungsdetails. Der Bürgermeister betonte, dass es sich um einen ersten Entwurf handle und weitere Diskussionen folgen sollen.
Neben technischen Details – wie einem wasserdurchlässigen Bodenbelag, Netzen zur Beschattung und Überlegungen zur Bepflanzung – gab es auch Hinweise auf die bisherigen Nutzergruppen des Platzes sowie Anforderungen durch Veranstaltungen, Feuerwehr und Einzelhandel.
Immer wieder wurde jedoch deutlich: Die Debatte ist geprägt von Zurückhaltung, Skepsis und der Sorge vor dem Machbaren – nicht von einer gestalterischen Vision.
Die Bürger blicken nach vorne – mit Ideen für ein lebendiges Wehr
Ganz anders klingen die Stimmen aus unserer Bürgerumfrage. Es wurden zahlreiche Rückmeldungen gesammelt. Die zentralen Anliegen der Bürgerinnen und Bürger:
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Mehr Grün und Aufenthaltsqualität. Gefordert werden eine „grüne Lunge“ auf dem Talschulplatz, mehr Bäume, Begrünung, Spielflächen und kreative Elemente wie bepflanzte Bücherschränke oder Wasserspiele.
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Impulse für Kultur und Begegnung. Die Bürger wünschen sich Räume für junge Leute, Cafés, Spielmöglichkeiten auch für Erwachsene, Ausstellungen, Schach- oder Bocciafelder und Begegnungsorte ohne Konsumzwang.
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Verkehrsberuhigung statt Durchgangsstraße. Eingebracht werden unter anderem Einbahnstraßenregelungen, eine teilweise oder vollständige Fußgängerzone, Spielstraßen oder eine Begrünung mit versetzten Parkbuchten zur Entschleunigung des Verkehrs.
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Realistische Einschätzungen zum Einzelhandel. Viele erkennen die Herausforderungen für Geschäfte an, schlagen aber pragmatische Schritte vor: günstige Mieten, temporäre Konzepte wie Outlet-Stores, mehr Kundenfrequenz durch attraktives Umfeld – und keine vorschnelle Vollsperrung der Hauptstraße.
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Soziale Balance. Die Wünsche umfassen sowohl Bedürfnisse von Familien mit Kindern als auch von älteren Menschen und Jugendlichen – mit einem klaren Ruf nach Barrierefreiheit, Schattenplätzen, Sitzgelegenheiten und öffentlicher Infrastruktur wie Toiletten.
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Kritik am Leerstand. Deutlich wird auch die Erwartungshaltung gegenüber der Politik: Die Bekämpfung von Leerstand dürfe nicht weiter verschleppt werden – der aktuelle Zustand der Innenstadt werde als trostlos empfunden.
Ein Stadtbild im Wandel
Die Umgestaltung des Talschulplatzes könnte der Ausgangspunkt für eine neue Phase der Stadtentwicklung in Wehr sein. Die Diskussionen im Gemeinderat zeigen allerdings ein anderes Bild: Sie bleiben im Technischen, vorsichtig im Ton und ausweichend in der Entscheidung.
Demgegenüber stehen viele Bürgerinnen und Bürger mit klaren Vorstellungen und dem Wunsch nach einem lebenswerten Stadtraum – bunt, grün, offen und zukunftsorientiert.
Die Frage, wie Wehr sich entwickeln will, ist also gestellt. Die Antworten – sie könnten unterschiedlicher kaum sein.