Verantwortung als Leitwort 2025: Ein Blick auf die Rolle der Lokalpolitik und vergangene Versäumnisse

17. Jan. 2025

Beim Neujahrsempfang der Stadt Wehr rückte „Verantwortung“ als zentrales Leitmotiv für das Jahr 2025 in den Fokus.

Vor über 400 Bürger:innen betonten Bürgermeister Michael Thater und der Vorsitzende der Servicegemeinschaft Wehr, Stephan Ruthe, wie entscheidend Verantwortung für eine funktionierende Gemeinschaft ist.

Doch dieser Appell wirft eine kritische Frage auf: Welche Rolle hat die Lokalpolitik gespielt, dass es überhaupt soweit kommen konnte? Und welche Fehler haben möglicherweise dazu geführt, dass die Verantwortungsübernahme erst in einer angespannten Lage betont wird?

Die Verantwortung der Lokalpolitik: Versäumnisse und Handlungsbedarf

Die Lokalpolitik trägt in jeder Gemeinde eine Schlüsselrolle. Sie ist nicht nur der Vermittler zwischen Bürger:innen und Verwaltung, sondern auch Hüterin eines sozialen Gleichgewichts und Förderin des gesellschaftlichen Zusammenhalts. In den letzten 15 Jahren, wie Bürgermeister Thater selbst betonte, geriet jedoch vieles aus dem Gleichgewicht – vor allem durch wachsende Rechtsansprüche, komplexer werdende Verwaltungsaufgaben und eine Überforderung der lokalen Infrastruktur.

Ein möglicher Fehler der vergangenen Jahre liegt darin, dass die Politik zu oft reaktiv statt proaktiv gehandelt hat. Herausforderungen wie steigende Bauvorhaben, begrenzte Finanzmittel und der Umgang mit bürokratischen Hürden wurden möglicherweise nicht rechtzeitig mit langfristigen Strategien angegangen.

Statt die Bürger:innen frühzeitig einzubinden und ein Bewusstsein für die gemeinsame Verantwortung zu schaffen, wurde das Thema anscheinend aufgeschoben – bis es sich nicht länger ignorieren ließ.

Fehlender Dialog mit der Bürgerschaft

Ein weiterer Punkt ist der mangelnde Dialog mit der Bürgerschaft. Verantwortung ist kein Wert, der von oben verordnet werden kann; sie entsteht durch Mitgestaltung und Transparenz. Doch wie häufig hat die Lokalpolitik in den vergangenen Jahren wirklich Gelegenheiten geschaffen, bei denen die Bürger:innen aktiv in Entscheidungsprozesse eingebunden wurden?

Fehlende Kommunikation und Transparenz können das Gefühl verstärken, dass Entscheidungen an der Bevölkerung vorbeigeführt werden. Dies könnte dazu beigetragen haben, dass viele Bürger:innen ihre Rolle als aktiver Teil der Gemeinschaft nicht wahrgenommen haben.

Langfristige Planungen vernachlässigt?

Die derzeitigen Probleme könnten auch auf eine unzureichende langfristige Planung hindeuten. Viele Kommunen stehen heute vor einer doppelten Herausforderung: einerseits der Aufrechterhaltung bestehender Infrastrukturen und andererseits der Anpassung an neue gesellschaftliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen.

Wenn diese langfristigen Herausforderungen nicht rechtzeitig erkannt und strategisch angegangen wurden, ist es wenig überraschend, dass jetzt dringender Handlungsbedarf besteht.

Verantwortung als Reaktion auf die Krise?

Die Wahl von „Verantwortung“ als Leitmotiv für 2025 deutet darauf hin, dass die Lokalpolitik ihre Rolle in den vergangenen Jahren kritisch hinterfragt hat. Dies ist ein positiver Ansatz. Doch das Leitwort wirkt auch wie eine Reaktion auf akute Probleme: ein Versuch, das verloren gegangene Vertrauen und die Solidarität innerhalb der Stadtgesellschaft wiederherzustellen.

Die Frage bleibt jedoch, ob dieses Bekenntnis zur Verantwortung nachhaltig ist oder ob es lediglich eine kurzfristige Botschaft darstellt.

Ein Blick in die Zukunft

Die Lokalpolitik hat nun die Aufgabe, nicht nur die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren, sondern auch nachhaltige Strukturen zu schaffen. Dazu gehören:

  • Stärkung des Dialogs mit der Bürgerschaft: Regelmäßige Foren und Versammlungen könnten den Bürger:innen mehr Gehör verschaffen und das Verantwortungsbewusstsein stärken.
  • Langfristige Strategien entwickeln: Eine klare Vision für die nächsten Jahre, die über 2025 hinausgeht, muss her.
  • Transparenz und Rechenschaftspflicht: Um Vertrauen wiederherzustellen, muss die Politik ihre Entscheidungen nachvollziehbar und verständlich machen.