Wie realistisch ist Kownatzkis Idee einer stark medizinisch aufgestellten Stadt Wehr?

08.10.2025

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Im Bürgermeisterwahlkampf in Wehr hat Michael Kownatzki ein Thema in die Debatte gebracht, das viele Menschen unmittelbar betrifft: die Zukunft der ärztlichen Versorgung.

Er fordert, die Stadt müsse „weiterhin stark medizinisch aufgestellt“ bleiben und „neue Wege denken“ – etwa mit angestellten Ärztinnen und Ärzten oder neuen Formen der Zusammenarbeit.

Damit greift Kownatzki eine berechtigte Sorge auf. Doch wie tragfähig sind seine Vorschläge – und was kann eine Stadt wie Wehr in der Gesundheitspolitik tatsächlich leisten?

Ein relevantes Thema

Während viele Wahlkampffragen abstrakt bleiben, betrifft die Gesundheitsversorgung die Bürgerinnen und Bürger ganz direkt. Sie berührt Lebensqualität, Versorgungssicherheit und das Vertrauen in die Zukunft der Stadt.

Allerdings ist das Problem nicht neu. Schon seit Jahren warnen Ärztinnen und Ärzte in der Region vor Nachfolgeproblemen und Überlastung.

Angestellte Ärztinnen und Ärzte – moderner Gedanke, rechtlich eng begrenzt

Kownatzkis Idee, neue Wege mit angestellten Ärztinnen und Ärzten zu gehen, entspricht dem Zeitgeist. Viele junge Medizinerinnen und Mediziner wollen heute lieber in Anstellung als in eigener Praxis arbeiten.

Doch hier stößt die Stadt an klare Grenzen:

  • Rechtlich: Nach der aktuellen Gesetzeslage darf eine Kommune nicht ohne Weiteres selbst Ärztinnen und Ärzte anstellen, um sie in der ambulanten Versorgung einzusetzen. Die ambulante ärztliche Tätigkeit ist streng geregelt und dem System der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) zugeordnet. Nur zugelassene Praxen oder Medizinische Versorgungszentren (MVZ) dürfen Vertragsärzte beschäftigen.

  • Strukturell: Ein MVZ darf nur von zugelassenen Trägern betrieben werden – etwa Krankenhäusern, Ärzten, gemeinnützigen Trägern oder bestimmten Gesellschaftsformen. Eine Stadtverwaltung allein ist kein zugelassener Träger im Sinne der KV-Regelungen.

  • Finanziell: Selbst wenn eine Kommune Wege fände, ein solches Zentrum über eine Tochtergesellschaft zu realisieren, müsste sie dafür ein erhebliches wirtschaftliches Risiko übernehmen – Personal, Ausstattung, Mietkosten, laufender Betrieb. Ohne stabile Refinanzierung über die gesetzlichen Krankenkassen wäre das haushaltsrechtlich kaum zulässig.

In der Praxis kann die Stadt also nicht direkt Ärztinnen und Ärzte beschäftigen, wohl aber die Voraussetzungen schaffen, damit dies über ein kommunales oder kooperativ betriebenes MVZ möglich wird – etwa in Zusammenarbeit mit einem Krankenhaus, einer Stiftung oder einer gemeinnützigen Gesellschaft.

Was die Stadt tatsächlich tun kann

Kownatzkis Ziel, Wehr müsse „stark medizinisch aufgestellt bleiben“, ist nachvollziehbar – doch Stärke entsteht nicht allein durch Willensbekundung.

Die Stadt kann die Versorgung organisatorisch unterstützen, etwa durch:

  • eine kommunale Gesundheitskoordination,

  • aktive Nachfolgeplanung mit Ärztinnen und Ärzten,

  • Kooperation mit dem Landkreis und der Kassenärztlichen Vereinigung,

  • Bereitstellung von Praxen, Räumen oder Wohnraum für junge Mediziner.

All das sind realistische kommunale Aufgaben, die im Gegensatz zur direkten Arztanstellung rechtlich zulässig und politisch umsetzbar sind.

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