Wie viel Demokratie steckt in einer Wehrer Gemeinderatssitzung?

21. Jan. 2025

Am 21. Januar stellte sich der Gemeinderat von Wehr spannenden und kontroversen Themen: Die Fortschreibung des Klimaschutzkonzepts und der Ausstieg aus dem European Energy Award (EEA).

Beide Punkte bieten reichlich Diskussionsstoff – oder sollten es zumindest.

Doch der Verlauf der Sitzung wirft die Frage auf: Wie viel Debatte ist in der Wehrer Lokalpolitik wirklich erwünscht, wenn die Positionen durch die Beschlussvorlagen bereits weitgehend vorgegeben sind?

Einseitige Beschlussvorlagen – vorgefertigte Entscheidungen?

Bei der Sitzung präsentierte die Verwaltung Beschlussvorlagen, die vor allem die Vorteile der vorgeschlagenen Vorhaben hervorhoben. Weniger Bürokratie, gleichbleibende Klimaziele – so lautete die Argumentation. Kritische Aspekte oder Alternativen? Fehlanzeige. Der Eindruck drängte sich auf, dass hier ein „Wunschkönigreich“ gemalt wurde, das möglichst reibungslos durch den Gemeinderat gebracht werden sollte.

Bürgermeister Thater betonte, dass Klimaschutz eine „wichtige und zentrale Aufgabe“ sei, die nicht zur Debatte stehe. Dennoch wurde der European Energy Award als ineffizientes „Bürokratiemonster“ kritisiert, das Bemühungen wie das kommunale Wärmenetz nicht ausreichend würdige. Doch eine genauere Prüfung zeigt: Kommunale Wärmenetze fließen sehr wohl in die Bewertung des EEA ein, sofern sie nachvollziehbare Kriterien wie Strategie, Effizienz und Bürgerbeteiligung erfüllen. Dass mindestens eines dieser Kriterien in Wehr scheinbar nicht erreicht wurde, blieb unerwähnt – und über den Sinn der Bewertungen wurde nicht diskutiert.

Ein sinnvoller Schritt oder ein demokratisches Problem?

Am Ende der Sitzung stand fest: Der Gemeinderat beschloss sowohl den Ausstieg aus dem European Energy Award als auch die Fortschreibung des Klimaschutzkonzepts. Das Konzept sieht vor, regelmäßig zu prüfen, welche Maßnahmen umgesetzt werden.

Doch dies bedeutet im Umkehrschluss: Entscheidungen liegen in der Hand der jeweiligen Mehrheit – eine vermeintliche Stärkung der Demokratie, die jedoch das Risiko birgt, dass Prioritäten willkürlich verschoben werden und zentrale Themen an Bedeutung verlieren.

Allerdings gibt es zwei wesentliche Kritikpunkte:

Mangelnde Bürgerbeteiligung: Während der Bürgermeister betonte, dass konkrete Maßnahmen wichtiger seien als „Öffentlichkeitsarbeit“, bleibt die Einbindung der Bevölkerung auf der Strecke. Die Grünen appellierten zwar an einen breiten Konsens über den Klimaschutz im Gemeinderat, doch schon die Diskussion zeigte, dass dies Wunschdenken ist. Stefan Tussing verwies in diesem Kontext auf Ereignisse wie die Wahlen in den USA oder eine Eigentümerversammlung – ein Beispiel dafür, dass die zukünftige Priorisierung, beeinflusst durch Ideenvielfalt und unterschiedliche Perspektiven, nicht als selbstverständlich betrachtet werden kann.

Unverbindlichkeit der Beschlüsse: Die verabschiedeten Beschlüsse klingen gut, lassen aber Spielraum für Prioritätsverschiebungen. Schöne Worte, beispielhaft hier der Klimaschutz, bleiben wertlos, wenn keine konkreten Schritte folgen und diese auch ambitioniert sind.

Ein Kompromiss auf Kosten der Transparenz?

Die Entscheidungen des Gemeinderats wären sinnvoll, wenn sie konsequent und transparent umgesetzt würden. Doch es bleibt der Eindruck, dass hier vor allem politische Bequemlichkeit regiert. Bürgernähe und echte Teilhabe spielen eine untergeordnete Rolle – es sei denn, es gibt einen Anlass, der sich medial vermarkten lässt – wie beispielsweise ein Jubiläum oder andere festliche Ereignisse, die zwar Aufmerksamkeit erzeugen, aber keine echte Bürgerbeteiligung fördern. Ob das der Demokratie dient, bleibt fraglich.

Mit solchen Beschlüssen verliert die Lokalpolitik an Glaubwürdigkeit und Transparenz – und zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, dass solche Sitzungen kritisch begleitet werden.